Plötzlich stand ein Stier mitten in der Reithalle! Der war natürlich nicht echt, jagte unseren Schulpferden aber trotzdem einen gehörigen Schrecken ein. Die Aufgabe, mit einer Garrocha, also einer langen Stange, einen Ring von seinem Rücken zu stechen, war nur ein kleiner Teil des abwechslungsreichen Trail-Parcours, den Kursleiterin Avital Timur beim Schnupperkurs "Working Equitation" aufgebaut hatte.
Working Equitation ist eine noch junge Reitdisziplin – und besteht doch gleichzeitig aus Aufgaben, die schon viele Jahre alt sind. Entwickelt hat sie sich nämlich aus den alten traditionellen Arbeitsreitweisen Südeuropas und der berittenen Arbeit mit Rindern, wie sie besonders in Portugal, Spanien, Frankreich und Italien seit Jahrhunderten praktiziert wird. In Amerika ist daraus das Westernreiten entstanden. Erst seit 2008 entwickelt sich Working Equitation auch in Deutschland als Turnierdisziplin – da wurde die Arbeitsgemeinschaft Working Equitation Deutschland (AWED) gegründet.
Die Wettbewerbe in der Working Equitation bestehen aus bis zu vier Einzeldisziplinen – Dressur, Stil-Trail, Speedtrail und Rinderarbeit. Beim Schnupperkurs auf unserem Vereinsgelände entstanden unter Anleitung von Kursleiterin Avital Timur in wenigen Minuten aus Pylonen, Stangen, Hindernisständern und einer Plane vielfältige Trail-Hindernisse. Komplettiert wurde der Parcours durch eine Stier-Attrappe, die uns freundlicherweise von Evelyn Klebbe geliehen wurde (vielen Dank dafür!) und die bei den Vierbeinern erst einmal für große Augen und vier in sicherer Entfernung fest in den Boden gestemmten Hufen führte.
Ähnlich wie bei einer Gelassenheitsprüfung müssen im Stil-Trail verschiedene Aufgaben wie Slalom um Stangen oder Tonnen, über eine Brücke reiten, das Öffnen und Schließen eines Tores zu Pferd oder eben das Ringstechen am Stier absolviert werden. Im Fokus stehen der Gehorsam und die Durchlässigkeit des Pferdes. Und hier kommt dann wieder die Dressur ins Spiel: Der Reiter soll stilistisch korrekt und sauber reiten, das Pferd ruhig und gelassen, aber auch fein, gehorsam und schnell reagieren. Dabei sind Übungen wir das Rückwärtsrichten, Seitengänge, der Außengalopp und einfache Galoppwechsel keine Seltenheit.
So weit kommt man in einer ersten Schnupperstunde natürlich nicht – auch diese bietet aber schon die Möglichkeit, vieles zu üben und zu lernen und vor allem eine Erkenntnis zu gewinnen: Auch solche abwechslungsreichen und in der klassischen Reitweise doch eher ungewöhnlichen Aufgaben basieren alle auf dem Dressurreiten. Und das Schönste dabei ist: Working Equitation ist nicht nur für Reiter aller Reitweisen geeignet, sondern auch für alle Pferde. Ganz egal, ob Pony oder Kaltblut, ob Freizeitpferd oder Turnier-Crack: Rasse und Preis sind egal. Wichtig ist, dass das Pferd mit dem Menschen zusammenarbeitet und mitdenkt, dass es geschickt, ausdauernd, nervenstark und rittig ist. Und genau das sind die Punkte, die man mit jedem Pferd bei der Working Equitation trainieren kann.
Obwohl die Anforderungen an das Reiten denen der klassischen Dressur entsprechen, merkte man Zwei- und Vierbeinern im Kurs schnell an, dass die Kombination mit den Hindernissen im Trail-Parcours für mehr Verständnis sorgten – plötzlich stand ein klar erkennbarer Weg und ein Sinn, nämlich das Erledigen einer Aufgabe, hinter den Übungen. Pferde und Reiter ließen sich beim Tageskurs von Avital faszinieren und waren mit Motivation dabei. Danke an Angelika, Anna, Johanna, Kristin, Melanie und Tobias für ihr Interesse und die Bereitschaft, in eine neue Disziplin hineinzuschnuppern!
Geübt wurden die verschiedenen Hindernisse – in unserer Halle ein Slalom, eine „Tonnen-Acht“, eine nachgestellte Brücke (eine Plane, die zwischen zwei Hindernissen überquert werden musste), ein Seil-Tor zum Öffnen, Durchreiten und Schließen, eine Glockengasse (vorwärts hinein, eine kleine Glocke läuten, rückwärts wieder hinaus) und der Stier zum Ringstechen – einzeln und als Folge, in Schritt und Trab. Unser ganz besonderer Dank geht auch diesmal wieder an unsere Schulpferde fürs mutige und motivierte Mitmachen – in diesem Kurs waren das Anoki, Emil, Jolie, Marvin, Rueda und Vin.
Zum Abschluss noch vielen Dank an Kursleiterin Avital Timur, die individuell auf alle zwei- und vierbeinigen Teilnehmer einging und neben den Ideen für abwechslungsreiche praktische Übungen auch jede Menge theoretisches Wissen erläuterte, so dass keine Fragen offen blieben. Nachdem sie uns schon im Juni für einen besonderen Dressurkurs besucht hatte, war das vorerst der letzte Kurstermin mit ihr bei uns auf dem Wiesenhof – zumindest, bis wir mit der Terminplanung für das Jahr 2021 beginnen.
Auch in diesem Jahr warten allerdings noch einige Kurse auf euch – einige davon sind allerdings schon ausgebucht. Einen letzten freien Platz gibt es noch im Kurs „Dressurarbeit mit Leichtigkeit“ am 13. September, der ganz kurzfristig erst vor wenigen Tagen als Ersatz für das ausgefallene Falltraining geplant wurde. Beim „Trailreiten“ am 18. Oktober werden euch (bis auf den Stier) recht ähnliche Hindernisse wie auch bei der Working Equitation erwarten – dafür besucht uns erneut Trainerin B Anja Erckel. Ebenfalls mit ihr könnt ihr euch im „Kombi-Kurs Bodenarbeit und Reiten“ am 22. November nicht nur vom Sattel, sondern auch vom Boden aus in verschiedenen Hindernissen ausprobieren.
Beim Kurs „Quadrillereiten“ am 25. Oktober geht es auch um eine ganz besondere Form des Dressurreitens – diesmal gemeinsam in der Gruppe und zu Musik. Den Jahresabschluss bilden die Kurse, mit denen wir das Jahr auch begonnen haben: Beim „Agility mit Pferd“ wird es in Halbtageskursen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene am 13. Dezember sportlich – Plätze in diesen Kursen könnt ihr euch ab dem kommenden Wochenende sichern.
Fotos: Schnupperkurs Working Equitation
Viele weitere Fotos vom Kurs gibt es auf unserer Facebook-Seite.