Tag 8: Diesmal aber einheitlich!

Als sich in den letzten Oktober-Tagen Bund und Länder auf den "Lockdown Light" zur Eindämmung der Corona-Pandemie im November geeinigt haben, stand im Vordergrund, dass einheitliche Regelungen geschaffen werden sollen. Was macht es schließlich für einen Sinn, wenn in Hessen Regel A gilt und wenige Meter weiter in Rheinland-Pfalz Regelung B? Das war beim letzten Mal der Fall - und irgendwie blickte dann niemand mehr durch, welche Regelung denn wo galt und ob die Regelung, von der man jetzt gerade gelesen hatte, für das eigene Bundesland gültig ist, zu einem anderen Bundesland gehört oder vielleicht doch deutschlandweit gilt.

 

Diesmal also wirklich einheitlich - gleiche Regeln für alle!

 

Grundsätzlich eine gute Idee, die auch vieles einfacher gemacht hätte - wenn es denn so gekommen wäre. Aber leider ist das auch diesmal wieder nicht der Fall. Es wurden für verschiedene Lebensbereiche zwar "Grundpfeiler" für Regelungen gesetzt, diese wurden in den einzelnen Bundesländern aber ganz individuell ausgelegt - was zum Beispiel dazu geführt hat, dass Hessen in der vergangenen Woche für genau einen Tag sämtliche Sportstätten komplett geschlossen, dann aber auch direkt wieder geöffnet hat. Wäre wenigstens das jetzt überall gleich, wäre es vielleicht auch noch machbar - aber es gelten weiterhin überall unterschiedliche Regelungen.

 

Dass man Individualsport allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand machen darf, ist immerhin fast überall gleich geregelt - ebenso die Tatsache, dass Pferde Bewegung benötigen und dafür auch Reithallen genutzt werden dürfen, wenn es eben nicht anders geht und für das Wohl der Pferde nötig ist. Dann wird es allerdings - wieder mal - etwas wirr.  Hamburg zum Beispiel hat geregelt, dass "der Sportbetrieb mit Tieren, auch in Hallen, zulässig ist, sofern dieser für das Tierwohl zwingend erforderlich ist" (Quelle: siehe unten) - ganz ohne Einschränkung, wie viele Personen sich dabei in einer Reithalle aufhalten dürfen, ob diese Unterricht nehmen oder nicht.

 

In Mecklenburg-Vorpommern heißt es sogar: "Die Untersagung gilt ebenfalls nicht für den Trainingsbetrieb im Kinder- und Jugendsport" (Quelle: siehe unten), sofern ein entsprechendes Hygienekonzept vorliegt und die Trainingsgruppen möglichst konstant zusammengesetzt sind. Dort wären also, zumindest für Kinder und Jugendliche, auch Gruppenreitstunden noch problemlos möglich. Auch in Berlin gilt: "Kinder bis zwölf Jahre dürfen in festen Gruppen von maximal zehn Personen im Freien Sport betreiben." Außerdem unterliegen "Reithallen und Reitanlagen, die in Privatbesitz sind," dort "nicht den Sperr-Vorschriften für Sportanlagen." (Quelle: siehe unten).

 

Rheinland-Pfalz hat in seiner Auslegungshilfe der Verordnung "Reitkurse" explizit gestattet - allerdings erst einmal, ohne zu regeln, ob sich dies auch auf geschlossene Reithallen und/oder auf eine größere Anzahl als zwei Personen innerhalb der Reitfläche bezieht (Quelle: siehe unten). Nachträglich wurde dort festgelegt, dass "Reitkurse" nur noch allein, zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands im Freien, nicht aber in Reithallen erlaubt sind.

 

In Schleswig-Holstein sind innerhalb einer Sportanlage explizit auch mehrere Einzelsportler, Paare oder Hausstände erlaubt, wenn ausreichend Abstände eingehalten werden, während in Baden-Württemberg in geschlossenen Räumen (Tennishallen, Kegelbahnen) grundsätzlich maximal zu zweit bzw. mit dem eigenen Hausstand trainiert werden darf, selbst wenn mehrere Räume zur Verfügung stehen. Der Trainer - Einzelunterricht wurde nachträglich ja zum Beispiel in Hessen noch erlaubt - zählt manchmal zu den "maximal zwei Personen" dazu, manchmal wurde er explizit ausgeschlossen.

 

Dabei legen fast alle Bundesländer nachträglich noch mal mit Konkretisierungen nach - als hätten wir nicht im Frühjahr schon einen "Lockdown" mit diversen Regelungen hinter uns gebracht, an denen man sich noch einmal hätte orientieren können - oder durch die zumindest im Voraus hätte klar sein müssen, dass noch Regelungsbedarf besteht. Nordrhein-Westfalen war schon vergangene Woche das erste Bundesland, das die Regeln wirklich konkret festgelegt hat:

 

"Auf Pferdesportanlagen darf ein Pferd pro 200 Quadratmeter bewegt werden, das gilt für  Außenplätze sowie für Reithallen. Für die notwendige Bewegung der (Schul)Pferde ist die Anwesenheit eines Reitlehrers zur fachlichen Aufsicht erlaubt – dazu gehören auch die Versorgung und Pflege der Pferde vor und nach der Bewegungseinheit (Stallgasse), die Kontrolle der Ausrüstung, das Überwachen der Abstände während der Bewegungseinheit, das Ansagen von Handwechseln und Gangarten und auch das korrigierende Einschreiten, wenn das Zügelmaß und die Einwirkungen nicht angemessen sind. Ausreichend Abstand muss immer eingehalten werden. Das Ministerium hat eindringlich deutlich gemacht, dass die notwendige fachliche Aufsicht nicht mit dem normalen Reitschulalltag verwechselt werden darf. Der übliche Reitunterricht ist auch weiterhin unzulässig. Abgrenzend zum Bewegen der Pferde wurden dazu Beispiele wie etwa das Üben von Lektionen, das Reiten von Aufgaben oder das Arbeiten am Sitz des Reiters genannt." (Quelle: siehe unten)

 

So weit, so klar?

 

Besonders verwirrend wird es dann, wenn man in pferdesportspezifische Gruppen in sozialen Netzwerken hineinliest, wo sich meist Mitglieder aus mehreren Bundesländern tummeln - wenn man dort wissen möchte, was die aktuelle Regelung ist, bekommt man oft viele verschiedene Antworten. Oft gehen diejenigen, die helfen möchten, davon aus, dass die Regeln tatsächlich bundesweit einheitlich sind.

 

Wer also heute einen Reitbetrieb führen möchte - so wie wir das neben Beruf und Familie im Ehrenamt tun - muss nicht nur jede Menge Verwaltungsaufgaben erledigen, Organisatorisches klären und praktisch zu jeder Tages- und Nachtzeit erreich- und verfügbar sein (besonders natürlich, falls es einem Pferd nicht gut geht), sondern täglich die akutellen Nachrichten des Bundes, des jeweiligen Bundeslandes und eventuelle Sonderregelungen des Landkreises und der Stadt im Blick behalten, Verordnungen lesen und interpretieren und Dinge, die in den Nachrichten verkündet werden, richtig einordnen: Gilt das denn jetzt überhaupt für uns?

 

Also bitte nicht wundern, wenn manchmal etwas ein wenig länger dauert oder etwas wirr ist...

 

 

Quellenangabe: https://www.st-georg.de/news/pferde-und-leute/der-wichtigste-satz-fuer-pferdeleute-im-corona-november-2020/ (zuletzt abgerufen am Morgen des 9. November 2020)